Monoskifahren im Skigebiet Parsenn
Michael Schaub ist leidenschaftlicher Monoskifahrer. Der Monoski ist eine Wintersportvariante für Paraplegiker. Auf einem speziellen Sitz, der auf einem Carvingski befestigt ist, fährt er die Abfahrten auf Parsenn hinunter. Bei einem gemeinsamen Pistentag erfahren wir, wie das Skifahren mit eingeschränkter Beweglichkeit funktioniert und lernen dabei so einiges dazu!
Mit dem Treppenlift und der Parsennbahn auf den Berg
Früh morgens treffen wir bei der Talstation Parsenn auf Michi und seine Freundin. Gemeinsam wollen wir einen Skitag auf Parsenn verbringen. Michi sitzt im Rollstuhl, doch das hindert ihn nicht daran, Wintersport zu betreiben. Mit einer Hand treibt Michi seinen Rollstuhl an. Mit der anderen schiebt er sein Sportgerät vor sich her, welches auf einem kleinen Wagen steht. Die vielen Treppenstufen bis zur obersten Kabine der Parsennbahn überwindet Michi mithilfe eines Treppenliftes. Für mein Gefühl bewegt sich dieser sehr langsam. Doch als ich ihn später darauf anspreche, antwortet er nur lachend: «Ich bin es gewohnt, dass alles etwas mehr Zeit benötigt. Für mich ist es schon etwas sehr Besonderes, dass wir es heute auf die erste Bahn geschafft haben.»
Sportgerät Monoski
Ein Ski mit Sitz
Der Ski fällt in den Schnee: «Michi darf den Ski auf keinen Fall verlieren. Es brauchte viel Überzeugungsarbeit, damit der Verkäufer im Sportgeschäft die Bindung so eng wie möglich eingestellt hat», erzählt Michis Freundin. Sie lässt den metallischen Fuss des Sportgeräts in die herkömmliche Skibindung einschnappen. Der Dämpfer am Fuss federt beim Fahren Unebenheiten auf der Piste ab. Auf dem gefederten Rahmen ist die schwarze Sitzschale montiert.
Mit Unterstützung seiner Freundin öffnet Michi die Klappe der Schale und wechselt vom Rollstuhl in den Sitz. «Gutes Material ist zum Skifahren sehr wichtig. Mit dem Sitz ist es wie bei einem Skischuh. Er muss perfekt passen, damit ich die Bewegung auf den Ski übertragen kann und keine Druckstellen bekomme», erzählt Michi. Er schliesst die Beinschale, die ihn zusätzlich vor Kälte schützt und setzt den Helm auf. Die Vorfreude ist ihm anzusehen.
Monoskifahren, leicht gemacht?
Michi hat zwei kurze Skistöcke an den Arm geschnallt, mit denen er bei der Fahrt das Gleichgewicht hält. An den Enden der beiden Stöcke sind kleine Skilatten befestigt. Zeigen die Latten nach unten, kann er sich im Schnee abstützen, ohne zu rutschen. Bringt er sie in die Horizontale, fährt er los. Er betätigt den Auslöser und mit einem kurzen «Klack» sausen beide «Mini-Skier» an den Enden in die Waagrechte. Der Startschuss fällt und es kann losgehen.
Elegant und mit gekonnten Schwüngen gleitet Michi über die perfekt präparierte Skipiste. Die Steuerung erfolgt mit dem Oberkörper, die Stöcke setzt er zur Stabilisierung ein. Mutig lehnt er sich in die Kurven und verschwindet im nächsten Moment hinter einem Hügel. Wir holen ihn ein, als er auf der Skipiste im Schnee liegt. Ist etwas passiert? «Ich habe mich zu fest in die Kurve gelehnt, da ist eine Schnalle meiner Sitzschale hängen geblieben. Das passiert manchmal», meint er nur lachend. Geschickt richtet er sich selbst wieder auf.
Fahrten mit den Davoser Bergbahnen
Hindernisfreier Skitag
Michi besucht das Skigebiet Parsenn bereits zum fünften Mal und kennt sich schon gut aus. Während bei uns garantiert ist, dass wir nach jeder Abfahrt wieder nach oben kommen, muss Michi seine Skiroute genau kennen. Bevor er das erste Mal ein Skigebiet besucht, plant er mithilfe des Pistenplans, anhand der Liftarten sowie den Standorten der Toiletten seinen Tag. «Überall wo ihr die Skier ausziehen müsst, brauche ich meinen Rollstuhl», erklärt er uns. In die Gondeln der Schiferbahn kann er zum Beispiel nicht einsteigen. Dort braucht er seinen Rollstuhl, der bei der Bergstation Weissfluhjoch geblieben ist. Sessel- und Schlepplifte kann er im Skigebiet Parsenn jedoch alle nutzen.
Herausforderung Sessellift
Beim Sessellift Rapid reiht sich Michi in der Mitte ein. Anderenfalls kommt der Bügel, der zwischen den Beinen schliesst, in die Quere. Der Sessellift fährt ein und es geht alles sehr schnell. Michi hebt die Sitzschale mit aller Kraft aus seiner Verankerung. Eine Schnalle löst sich und der Fuss fährt aus. Er sitzt nun bestimmt 30 Zentimeter weiter oben und schiebt sich ohne Mühe auf den Sitz des Sesselliftes. Erstaunlich, wie super alles funktioniert hat.
Auf eine Herausforderung treffen wir beim Sessellift Totalp, weil wir davor länger im Schatten standen. Als Michi aufsteigen will, löst sich die kleine Schnalle nicht, da sie eingefroren ist. Mit seiner Armkraft schafft er es trotzdem auf den Lift. Bei jedem Skitag lernt er wieder etwas Neues dazu. «Bei weichen Sitzen habe ich mit der Schale einen schlechten Halt. Einmal hat mich mein Kollege an der Kapuze im letzten Moment noch zurückgezogen, ansonsten wäre ich hinuntergerutscht», erzählt Michi lachend.
Gut zu wissen: Etwas mehr Unterstützung beim Einsteig bietet die 6-er Sesselbahn Schaffürggli im Skigebiet Madrisa mit vollautomatisiertem Bügel sowie verstellbarer Höhe des Hubtisches. Je nach Art der körperlichen Beeinträchtigung sind Monoskifahrer auf mehr oder weniger Hilfestellung der Sesselbahn oder der Hilfspersonen angewiesen.
Genuss im Schnee
Attraktion beim Skifahren
Michi ist so selbstständig unterwegs, dass sein Handicap beim Lift fahren kaum auffällt. Spätestens auf der Piste zieht er dann aber alle Blicke auf sich. Viele Leute schauen ihm nach oder unterhalten sich neben uns über ihn. «Ich würde mir wünschen, dass mich die Leute direkt ansprechen. Ich beantworte gerne ihre Fragen und erkläre ihnen mein Sportgerät.» Wir sehen heute auf Parsenn noch eine weitere Monoskifahrerin, aber ansonsten ist die Sportart sehr selten. Etwas häufiger trifft man Dual-Skifahrer an. Beim Dual-Skifahren steuert eine Hilfsperson mit zwei Bügeln von hinten den Dualskibob.
Michi kommt für eine erste Kaffeepause gekonnt zum Stehen. «Das punktgenaue Bremsen musste ich lange üben. Da bin ich ein paar Mal am Boden gelandet», erzählt Michi lachend. Das Monoskifahren hat Michi vor zehn Jahren mithilfe eines Skilehrers erlernt. Um die Sportart zu erlernen, empfiehlt er die Skischule in Sörenberg zu besuchen, die auf das Monoskifahren spezialisiert ist.
Pause im Bergrestaurant Gruobenalp
Wir sitzen draussen vor dem Bergrestaurant Gruobenalp an einem runden Tisch. Michi hat seine beiden Skistöcke so eingesteckt, dass sie seine Sitzschale von beiden Seiten stützen und er nicht umkippen kann. An der Schneebar holen wir uns einen Kaffee und essen dazu eine köstliche Crèmeschnitte. Was für ein perfekter Wintersporttag!
Während dem Skitag mit Michi wird mir immer wieder bewusst, wie herausfordernd gewisse Situationen für Rollstuhlfahrer sind, die für mich selbstverständlich sind. Sobald eine kleine Schwelle oder ein Drehkreuz im Skigebiet auftaucht, muss Michi sich überlegen, wie er das Hindernis meistern kann. Doch die Leidenschaft zum Skisport ist so stark, dass er jede Herausforderung immer wieder mit viel Humor und grosser Ruhe annimmt. Von Michi kann man einiges lernen, da stimmt mir auch seine Freundin zu.
Barrierefreiheit
Good to know
Das Pistenangebot der Davos Klosters Mountains ist barrierefrei zugänglich. Das Skigebiet Madrisa ist mit einem vollautomatisierten Sessellift auf den Wintersport mit körperlichen Einschränkungen spezialisiert.
Pistenspass für alle
Die Schweizer Schneesportschule Davos und Saas bieten Unterricht für Schneesportarten an, die speziell auf die individuellen körperlichen und geistigen Fähigkeiten angepasst sind. Auch das Fahren mit einem Dual-Ski wird angeboten.
Wusstet Ihr: Die Schweizer Schneesportschule Davos hat einen Dual-Ski auf Parsenn deponiert. Dieser kann mit oder ohne Lehrperson gemietet werden.
Wollt auch Ihr einen genussvollen Skitag auf Parsenn verbringen? Sichert Euch das Skiticket und geniesst noch bis zum Saisonenden im April beste Pistenbedingungen und traumhafte Abfahrten. Wir freuen uns auf Euren Besuch!
Eure Davos Klosters Mountains